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  • AutorenbildHanna Neunzig

Alles aus Zucker

Zucker, überall ist Zucker. Egal wo ich hinsehe, egal mit wem ich darüber spreche oder egal welches fertige Produkt ich in den Händen halte – überall finde ich Zucker. „Möchtest du noch ein Stückchen Kuchen“ oder ein „Gelato“ oder „eine Portion Vitamine und Naschen“. In Getränken, in Nudelgerichten, in Joghurts, in Babybreien, in Knabberartikeln, in Müsli, in Eis, in Säften, in ... ach, ich könnte den ganzen Tag hier weitere Sachen aufzählen. Täglich werden wir mehrfach mit dem klassischen Haushaltszucker in Produkten konfrontiert. Nach Mary Poppins genügt ja bekanntlich ein Löffel Zucker, um das bittere wieder süß zu machen. Ein Teelöffel Zucker entspricht 3-4 g, also die gleiche Menge, wie ein handelsüblicher Zuckerwürfel. Würden wir uns an Mary Poppins Vorschlag halten, könnte uns ein Löffel Zucker also gar nicht schaden?


Wie man sich der Wahrheit nähert...

Diesen Ansatz möchte ich mit dem ernüchternden Satz beginnen: „Es gibt keinen Bedarf für Haushaltszucker (= Saccharose). ENDE.

Puh, das muss man erst mal verdauen. Was steckt eigentlich dahinter? Zucker liefert praktisch leere Kalorien. Also Kalorien ohne Mehrwert wie Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente oder sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Hinter dem Begriff Zucker verbirgt sich ein Zweifachzucker, verbunden aus den Monomeren Glukose und Fruktose. Glukose braucht jede Körperzelle zur Energiegewinnung – wir können also nicht ohne Zucker. Widerspricht sie sich nicht gerade? So könnte es dem einen oder der anderen gerade beim Lesen in den Sinn kommen? Nein! Antworte ich euch. Wir brauchen zwar Glukose für die Zellen, aber idealerweise aus natürlich vorkommenden Quellen, fest fixiert gebunden als ganz lange Glukoseketten in Form von Vielfachzuckern. Die kommen in Gemüse, Obst, Kartoffeln, Getreideprodukten, Milchprodukten und Fleisch als Speicherzucker vor. So hat unser Verdauungssystem genügend Zeit, Schritt für Schritt die langen Glukoseketten in Einzelteile zu zerlegen. Haushaltszucker ist schnell zerlegt und schnell zu viel für unseren armen Körper. Unser Körper ist ein Wunderwerk, ganz ehrlich, der kann so einiges. Nämlich zu viel Zucker in Fett umwandeln – für schlechte Zeiten zum Beispiel. Ja, ihr habt richtig gelesen. Aus Zuckerüberfluss macht der Körper Fett. Wer jetzt denkt, okay, dann esse ich mal ein paar Monate keinen Zucker und der Körper macht aus Fett Zucker, der irrt! Das geht für uns leider nicht. Pflanzen können das, sie machen aus Fett wieder Zucker – oder habt ihr schon mal eine dicke Pflanze gesehen? Aber nun schweife ich ab...


Die Weltgesundheitsorganisation (kurz WHO) empfiehlt eine Menge von maximal 25 g als zugesetzten Zucker. Das entspricht etwa 6 Würfeln davon. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (kurz DGE), die Deutsche Adipositas-Gesellschaft e. V. (kurz DAG) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft e. V. (kurz DDG) haben in einem Konsensuspapier festgelegt, dass pro Tag maximal 10 % der Tagesenergiemenge in Form von Zucker aufgenommen werden dürfen. Dieser Wert versteht sich also als Obergrenze. Zu viel Zuckerverzehr führt in der langfristigen Folge zu Übergewicht, Adipositas sowie den sich daraus ergebenden Folgeerkrankungen wie Diabetes Typ 2 oder kardiovaskulären Erkrankungen. Der Zuckerkonsum liegt bei den deutschen Erwachsenen zwischen 13-14 %. Das entspricht Mengen von umgerechnet 61 bis 78 g pro Tag. Anders ausgedrückt, wir essen durchschnittlich 21 bis 26 Würfel zugesetzten Zucker. Wenn ich euch nun erzähle, dass Kinder und Jugendliche weitaus mehr Zucker aufnehmen als Erwachsene, wird deutlich in welche Richtung wir uns entwickeln. Heranwachsende nehmen rund 17,5 % der Tagesenergiemenge in Form von Zucker auf. Das sind 7,5 % mehr als die wissenschaftliche Empfehlung der maximal tolerierten Menge. Wenn ich mir das sprichwörtlich ‚auf der Zunge zergehen lasse‘, frage ich mich schon, in welche Richtung wir uns ernährungstechnisch entwickeln. Auch meine Kinder haben die Süßen Sachen zum fressen gern. Fragen sie mich doch jeden Tag nach einem Eis oder etwas Süßem. Wie ich damit praktisch umgehe, erzähle ich euch hier später.


„Gebt den Affen Zucker“

Wer sich schon meinen Bananen-Blog durchgelesen hat, wird von dem armen Affen gelesen haben, der nicht weit vom Stamm fiel. Vielleicht kennt ihr die Redewendung „dem Affen Zucker geben“. Meine ganz doppeldeutigen Gedanken zu dieser Redewendung nutze ich nun für das folgende Gedankenspiel. Zwischen dieser einen Zeile steht für mich deutlich mehr. Dieses Zitat könnte aus einem Gespräch zwischen zwei Lebensmittelunternehmern aufgeschnappt worden sein. Wenn die Produkte schön süß sind, kaufen das viele Kunden, weil es einfach lecker schmeckt. Viel Kauf, bedeutet viel Geld, bedeutet reiche Unternehmen. Die Lebensmittelunternehmen fangen also die Mäuse mit dem süßen Speck. Wären wir demnach nicht die dummen Affen, die auf diese Masche Tag für Tag reinfallen?

Ursprünglich stammt die Redewendung aus der Zeit, in denen der Leierkastenmann durch die Städte zog, um die Menschen mit Musik zu unterhalten. Manchmal hatte dieser ein kleines Äffchen bei sich, das sich zu der Musik bewegte. Damit das Äffchen bei Laune blieb, musste man ihm nur ab und zu etwas Zucker geben – das Äffchen war gefügig und tanzte freudig und energiegeladen weiter. Psychologen nennen das „klassische Konditionierung“. Bei diesem Spruch geht es eigentlich um das Ausleben von Angewohnheiten oder anders ausgedrückt: Kapriolen. Doch ist es nicht spannend, dass wir einen starken negativen Zusammenhang mit unserem eigenen Verhalten hier sehen können? Wer von uns zu viel Zucker konsumiert, wird träge und unbeweglich. Alles andere als das kleine aktive Äffchen. Müssten wir nicht unser unreflektiertes Konsumieren von Zucker kritischer hinterfragen? Ja, natürlich! Und das tun auch schon sehr viele von euch. Wir entwickeln Rezepte mit weniger Zucker, wir lassen offensichtliche Zuckerfallen weg, reduzieren den Konsum, kurz gesagt: wir sind auf einem guten Weg. ABER: diesen Weg gehen wir ohne Hilfe von Politik und Lebensmittelindustrie. Stiftung Warentest hat gerade erst untersucht, wie viel Zucker in deutschen, englischen und französischen Limonaden zugesetzt wird. Es war kaum anders zu erwarten, aber wir Deutschen bekommen die Goldmedaille verliehen. Pro 100 ml Limonade sind 45,5 g Zucker enthalten. (Frankreich = 32,5 g, Großbritannien = 23 g). Würde man die gleiche Menge Zucker (also rund 15 Würfel) in 100 ml Wasser auflösen und trinken – wie würde das wohl schmecken? Es scheinen die Softdrinks zu sein, die uns im internationalen Vergleich fast an die Spitze des Zuckerbergs katapultieren. Wir konsumieren pro Tag rund 26 g Zucker nur durch Getränke, das ist mehr als unser eigentlicher Süßigkeitengenuss. Haben wir etwa verlernt zu genießen oder ist unsere Zuckerschwelle herabgesetzt?




Genuss von Süßem oder wie ich mit Süßigkeiten umgehe...

Fast täglich fragen mich meine Schülerinnen und Schüler fast vorwurfsvoll, ob ich überhaupt Süßigkeiten esse. Dabei liegt die Betonung auf überhaupt. Es verwundert mich schon, bin ich doch eine Verfechterin von genussvollem Essen. Da gehört auch der Genuss von Süßigkeiten dazu. Allerdings bin ich etwas eigen – einige von euch werden jetzt vermutlich etwas schmunzeln –, und habe mir deshalb etwas gegen diese permanente Verführung, Konfrontation und Suggestion einfallen lassen. Vielleicht helfen euch meine Ansätze weiter, etwas standhafter und bewusster zu genießen.


Hannas 9 Regeln des besonderen Süßigkeitenerlebnisses

1. Ich kaufe nie hungrig ein;

2. Ich umgehe die Süßigkeitenabteilungen im Supermarkt;

3. Ich trinke keine Softdrinks;

4. Wenn ich Süßes esse, dann nehme ich mir dafür Zeit;

5. Süßigkeiten esse ich nicht im Stehen;

6. Wenn ich Hunger auf Süßigkeiten bekomme, trinke ich erst ein Glas Wasser;

7. 1 x am Tag eine Portion (= die Menge, die in meine Hand passt) an Süßigkeiten ist vertretbar;

8. Ich habe keine Süßigkeitenvorräte für mich zuhause;

9. Schokolade lasse ich grundsätzlich im Mund zergehen;


Für meine Jungs gibt es noch weitere Regeln, damit ich ihnen hoffentlich einen guten Umgang mit Zucker beibringe. Sie dürfen jeden Tag etwas Süßes essen. Grundsätzlich nach den Hauptmahlzeiten. Wenn ich weiß, dass es zu den Großeltern geht, gibt es vorher und nachher nichts. Andere Eltern werden nun innerlich nicken und mir zustimmen, wenn ich sage: Großeltern verwöhnen die Enkel unheimlich gerne. Sie leben das aus, was sie ihren eigenen Kindern (mir) immer verboten haben. Sie halten sich nicht daran, was ich als Mutter sage. Ist es nicht so, dass die Mutter immer Recht hat, es sei denn die Oma ist im Raum?! Also lernte ich daraus und fand die Lösung.

Ich belohne, tröste und motiviere nicht mit Süßigkeiten. Im Supermarkt kaufe ich zusammen mit meinen Kindern keine Süßigkeiten. Das mache ich alleine. Ich vertröste sie mit dem Satz: „das haben wir noch Zuhause, das kaufe ich nicht.“ Glücklicherweise funktioniert es seit Anfang an. Es gibt keine süßen Getränke, abgesehen von einem guten Saft. Den serviere ich ausschließlich als Schorle (3 Teile Wasser, 1 Teil Saft). Und last but not least: ich kaufe keine sogenannten KINDERLEBENSMITTEL. Alleine über dieses Thema halte ich in Kindergärten abendfüllende Vorträge. Denn eins ist sicher: was draufsteht, ist noch lange nicht drin.


Ich wünsche euch einen genussvollen Abend,

in diesem Sinne bis bald, eure *Hanna


P.S. im nächsten Blog werde ich auf Zuckeralternativen und heimliche Zuckerfallen eingehen... bleibt dran, es könnte euch überraschen.


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