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AutorenbildHanna Neunzig

Wo ist der Zucker? Daaaa ist der Zucker!

Gerade habe ich mit meinem kleinen Sohn „wo ist die Mama“ gespielt. Dieses lustige Spiel, wo ich die Hände vor mein Gesicht halte und neckend frage „wo ist die Mama?“. Ich antworte beim Händewegziehen „Daaaaaa ist die Mama“.

Dieses Spiel könnte man auch mit der Lebensmittelindustrie gut und gerne spielen. Leider kein schönes Spiel, denn als Verbraucher ist man immer der Verlierer. Insbesondere wenn es um die heißgeliebte Zutat Zucker geht. Im Gespräch mit meinem 5-Jährigen Sohn, der mich fragte, warum ein Bäcker den Kuchen süß macht, war ihm die Antwort schnell selber klar: weil es lecker schmeckt! Ja und was lecker ist, das kaufen wir. Und wenn wir etwas kaufen, verdienen andere daran.


Vor ein paar Tagen war für unsere lieben Kleinen der Tag X.

Am 12. August war es soweit: Der Tag, an dem die Kinder schon die Menge Zucker gegessen hatten, die eigentlich noch für den Rest des Jahres reichen sollte. Jahresdosis overload!

Foodwatch hat diesen Tag als „Kinder-Überzuckerungstag“ deklariert. Mit gutem Grund, denn wenn man sich auf der Zunge zergehen lässt, was das eigentlich bedeutet – bleibt einem der Zucker sprichwörtlich im Halse stecken.

Die Basis für die Beurteilung von Foodwatch kommt aus der DONALD-Studie. Dabei wurden 1312 Kinder zwischen drei und 18 Jahren im Jahr 2016 untersucht und ihr Essverhalten überprüft. Kinder nehmen 16,3% der Tagesenergie in Form von Zucker auf. Das sind 63% über der Empfehlung. Mädchen essen mehr als 60 Gramm freien Zucker, Jungs etwa 70 Gramm – obwohl die Empfehlung bei maximal 38 Gramm bzw. 44 Gramm liegen sollte.

Erwachsene erreichen ihren Überzuckerungstag auch schon früher als zum Jahresende. Männer am 20. September und Frauen am 8. Oktober.



Wie kommt die DONALD-Studie denn zu diesen Ergebnissen?

Die Studienergebnisse beziehen sich nur auf den freien Zucker, also die Menge an Zucker, die der Hersteller zusetzt oder die Menge, die Zuhause zugegeben wird oder die Menge, die in Säften vorkommt. Nicht enthalten ist der Zuckergehalt, der aus Obst oder Milch stammt.

Also nehmen wir weitaus mehr Zucker zu uns, als wir eigentlich vertragen. Das fatale daran ist, dass man die Folgen der Überzuckerung erst Jahre später bemerkt. Anders als wenn wir zu viel Alkohol trinken – diese Folgen merken wir direkt.



Wie können wir uns und unsere Kinder vor der Überzuckerung schützen?

Eine der essentiellen und zumeist sehr schwer pauschal zu beantwortenden Fragen. Versteckter Zucker hat ja nicht umsonst seinen Namen.

Wer der Zutatenliste auf die Spur geht, der wird mit gutem Ernährungswissen irgendwann fündig. Das setzt voraus, dass man Lust und Zeit investiert, um zu vergleichen. Und wie sage ich sehr gerne: „Zeit ist eine teure Zutat“. Haben wir heute überhaupt noch Zeit alles zu überprüfen? Wäre nicht eine Ampelkennzeichnung der leichte Weg? Vielleicht ja, vielleicht nein. Nur wir kommen nicht umher, dass wir uns die Zeit nehmen müssen.



#1 Zucker hat viele Namen – und fast immer braucht man das kleine Latinum dafür

Zucker auf der Zutatenliste, steht oft weiter hinten. Also gar nicht so hoch der Zuckergehalt und wir greifen zu. Wir tappen in die Falle, denn wer liest schon das Kleingedruckte?

Auf der Verpackung steht etwa: Mais, Zucker, Gerstenmalz, Glukosesirup, Salz

Indem man Zuckeralternativen verwendet, erscheint der Zuckerbegriff weiter hinten in der Liste. Doch Gerstenmalz, Glukosesirup, Saccharose, Dextrose, Raffinose, Glukose, Fruktosesirup, Karamellsirup, Glukosesirup, Laktose, Maltose, ... habt ihr noch Zeit für weitere Namen? Maltodextrin, Malzextrakt, Glukose-Fruktose-Sirup oder anders herum Fruktose-Glukose-Sirup, ... man könnte ewig so weiter machen...

Häufig verstecken sich Zuckernamen im ökotrophologischen Latein, dann versteht kaum einer, was sich dahinter verbirgt. Aber sicher ist, alles was auf -ose endet, ist süß!



#2 Zucker durch Fruchtsüße – ja ne is klar!

Hersteller machen ihre Produkte „natürlicher“, indem die Süße aus der reinen Frucht stammt. Deswegen kann der Zucker auch über süßende Zutaten im Produkt landen: also als Honig, Traubenfruchtsüße und Agavendicksaft. Fruchtkonzentrate, -pürees oder getrockneten Früchten wie Rosinen enthalten viel Zucker. Und das schmeckt uns! Ist doch gesund oder?

Von wegen, denn wenn Fruchtsüße mit im Spiel ist, sind nicht unbedingt Früchte verarbeitet. Vielmehr handelt es sich um hochkonzentriertes, getrocknetes oder verarbeitetes Fruchtpulver. Sinn? Süß sein und gesund klingen. Nachteil: Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Ballaststoffe sucht man hier vergebens. Ach nee, darauf hat die Industrie auch eine Antwort: man setzt sie einfach künstlich zu. *kopfschüttel


#3 fehlende prozentuale Angaben bei Zuckerangaben – oder: wie sich Unternehmen den Zucker schön rechnen...

Wenn Man einfach die Prozentangabe beim Zucker weglässt, entsteht der Eindruck da wäre gar nicht so viel Zucker enthalten. Eine ganz bekannte Schnitte aus guter Vollmilch (wer kennt sie nicht?!) nennt Vollmilch (40 %), Honig (5 %) und Zucker (...). Nur beim Zucker fehlt die Angabe. Da hat das bekannte Kinder-Unternehmen die Angabe wohl vergessen? – Pah! Auf keinen Fall, es wird er schön gerechnet. Bei einer 28 Gramm Portion sind nämlich rund 9 Gramm Zucker enthalten und knapp 8 Gramm Fett. Der Rest sind natürlich nur die besten Zutaten für unsere Kleinen. Damit schon morgens das Stück Sahnetorte richtig gut mundet.


#4 wir nennen die neue Rezeptur „weniger süß“ oder punkten mit minimalem Fettgehalt

„XY-Zwerge weniger süß“ oder „enthält nur 0,1% Fett“ – Was für tolle Versprechen. Auf einen 100 Gramm Becher kommen knapp 13 Gramm Zucker – das sind mehr als 4 Würfel. Aber hey, wir können in den Bechern doch tolle Kräuter züchten! In einem tollen Joghurtdrink sind nur 0,1% Fett enthalten, direkt nach dem Sport geschlürft, gönnen wir uns knappe 75 Gramm Zucker in 500 Millilitern. Das ist etwas für den ganz schlanken Fuß.



Ihr merkt sicher, dass ich noch zahlreiche weitere Beispiele aus der Lebensmittelindustrie bringen könnte.

Abschließen möchte ich das Ganze mit nur einem letzten, sehr traurigen Beispiel. Für Babys im ersten Lebensjahr gibt es zahlreiche Gläschen auf dem Markt. Mütter und Väter haben es heute so leicht! (*Ironie-off*). Der Blick auf die Nährwertkennzeichnung offenbart (vorausgesetzt man kann im Supermarkt direkt auch rechnen), dass ein 250 Gramm Glas knapp 30 Gramm Zucker enthält. Natürlich reiner Fruchtzucker oder allenfalls Süßmolkepulver. Immerhin! Ein milchfreier Keks-Obst-Brei, der 30 Gramm Zucker enthält – wo kommen wir da hin?

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